Die Studentenunruhen 1968 veränderten die Republik. Es entstand ein neues Lebensgefühl in der Bevölkerung, dass sich vor allem in der Politik der SPD widerspiegelte. Bei den Bundestagswahlen 1969 erlangte die SPD 42,7 Prozent. In der Wahlnacht ließ sich Kiesinger bereits als Sieger feiern. Doch Willy Brandt und Walter Scheel einigten sich auf die Bildung einer sozial-liberalen Koalition. Schon in seiner ersten Regierungserklärung machte Willy Brandt deutlich, dass die neue Regierung „mehr Demokratie wagen“ wollte. Die Regierung ging neue Wege in der Friedens- und Entspannungspolitik. Zur Westintegration kam die „neue Ostpolitik“. Verträgen wurden mit der Sowjetunion, Polen, der Tschechoslowakei und der DDR geschlossen. International erhielt Willy Brandt dafür hohe Anerkennung. 1971 wurde er für seine Politik mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die Ostpolitik Brandts fand aber nicht nur Unterstützung. Die CDU wollte den Kanzlersturz und stellt 1972 ein Misstrauensvotum gegen Willy Brandt. Das Votum scheiterte und Neuwahlen wurden beschlossen. Eine Welle von Sympathiebekundungen für Willy Brandt setzte ein. Bei der Wahl erhielt die SPD den Spitzenwert von 45,8 Prozent der Stimmen. Doch dieser Erfolg war nicht lange mit Glück gesegnet: Nachdem Brandts persönlicher Referent Günter Guillaume 1974 als DDR-Spion enttarnt wurde, trat Willy Brandt als Bundeskanzler zurück.

Willy Brandt während einer Wahlkundgebung in Stuttgart am 20. April 1972. (© AdsD der Friedrich-Ebert-Stiftung).